Ja, meine Damen und Herren, eine Umweltkrise im Himalaya, geografische Hochgebirgsforschung
auf neuen Faden.
Was kann man sich darunter vorstellen?
Aus hiesiker Perspektive denken wir immer zuerst an uns.
Und wir denken meistens an das, was wir dem Himalaya vielleicht antun.
An den Massentourismus, an die Bergsteigerei, an Tracking.
Und auch diese Dinge spielen eine wichtige und bedeutende Rolle.
Gerade die Expeditionen zum Mount Everest, den Sie hier sehen können,
sind in den letzten Jahren immer davon begleitet worden,
dass auch Extra-Expeditionen zum Müllabtransport durchgeführt worden sind.
Ich möchte aber meinen Vortrag heute mit anderen Krisen, mit einer komplexeren Krise beginnen.
Es geht darum, dass Sie häufig in den Zeitungen lesen können,
dass aufgrund der Abholzung im Himalaya große Flutkatastrophen im Vorland des Himalaya ausgelöst werden,
dass die Überschwemmung von Menschenhand ausgelöst wird
und dass diese Abholzung im Himalaya das Hauptverursachungsmoment
für große Flutkatastrophen in Indien und Bangladesch ist.
Das ist etwas, was jeder als selbstverständlich wahrnimmt und als plausibel anerkennt
und eine Erklärung bietet, die gut nachvollziehbar ist.
Diese Katastrophe, diese Umweltkrise, die also von Menschen gemacht werden soll,
die hat aber auch in der Wissenschaft eine gegenteilige These hervorgerufen,
nämlich, dass lokale Niederschläge die Ursache für die Hochwässer in Bangladesch sind.
Also, dass das Hochgebirge gar nicht dafür beantwortlich ist, dass das, was passiert,
gar nicht ursächlich mit den Ereignissen zusammenhängen, die im Hochgebirge stattfinden.
Damit habe ich Ihnen sozusagen die zwei diametral entgegengesetzten Sichtweisen
über die Umweltkrise im Himalaya vorgeführt.
Einmal die Sichtweise, dass dort der Mensch der Hauptverursacher ist für etwas, was im Vorland passiert,
und auf der anderen Seite die These, dass das überhaupt nichts miteinander zu tun hat.
Und damit verbunden sind in der Wissenschaft zwei theoretische Ansätze, zwei Theorien,
die ich Ihnen kurz vorstellen möchte.
Diese Theorien, die erste nenne ich die Theorie der Umweltverschlechterung im Himalaya,
ist das Verursachungsprinzip.
Hier wird behauptet, dass das enorme Bevölkerungswachstum, was im Himalaya in Nepal stattfindet,
dafür ursächlich verantwortlich ist, dass der Druck auf die Ressourcen zunimmt,
dass die Degradation zunimmt und dass eine Umweltkatastrophe unausweichlich ist.
Weltweit wurde von einer Superkrise gesprochen, die sich im Himalaya breit macht.
Auf diese Sichtweise möchte ich heute jetzt etwas detaillierter eingehen.
Zunächst die Frage nach dem Bevölkerungswachstum.
Es stimmt, zwischen 1961 und 1991 verdoppelte sich die Bevölkerung Nepals
und heute leben ungefähr 24 Millionen Menschen in diesem Land.
Diese Theorie sagt aus, wir haben einen Bevölkerungsdruck aufgrund hoher Zuwachsraten
und dieses ist ein Ergebnis der verbesserten medizinischen Versorgung.
Die Fertilitätsraten sind gestiegen, die Sterberaten sind gesunken.
Also wir haben ein enorm hohes Bevölkerungswachstum.
Aus einer relativ sicheren Siedlungslage expandiert der Mensch auf die steilen Hänge,
fast bis in die Kammerhöhen hinein und die Terrassierung ist sozusagen eine Stufung,
das Himalaya-Gebirge wird sozusagen zu einer Pyramide umgestaltet.
Marginale Flächen werden erschlossen, die von sich aus schon als gefährdete Regionen zu bezeichnen sind
und die Theorie geht noch einen Schritt weiter und sagt, das liegt daran,
dass die lokale Bevölkerung eigentlich nicht ausreichende Kenntnisse hat,
um sichere Terrassen anzulegen und sichere Siedlungsplätze zu erschließen.
Presenters
Prof. Dr. Hermann Kreutzmann
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:26:58 Min
Aufnahmedatum
2001-04-26
Hochgeladen am
2017-07-04 15:27:15
Sprache
de-DE
Zeitungsberichte über das Gebiet des Himalaya beschäftigen sich regelmäßig mit Überschwemmungskatastrophen im Himalaya-Vorland und vor allem in Bangladesch. Die Vorstellung, daß diese Katastrophen das Ergebnis der Abholzung im Himalaya seien prägte über lange Zeit das Verständnis für großräumige ökologische Zusammenhänge. Es gibt jedoch auch andere Stimmen, welche die Fernwirkung der Himalaya-Berge als Verursacher der Katastrophen in Frage stellen. Diese gegensätzlichen Positionen bilden den Ausgangspunkt des Vortrages, der auch das Verständnis für die Entwicklungsprobleme in Hochgebirgen fördern soll. Ohne eine hinreichende Kenntnis ökologisch-gesellschaftlicher Zusammenhänge lassen sich keine Planungen für eine nachhaltige Entwicklung vornehmen. Hier besteht enormer Nachholbedarf in Forschung und Öffentlichkeitsarbeit.